Donnerstag, 19. April 2007

Über anderem: Ein paar schwedische Aspekte zur Anrede

Eine Diskussion per Chat mit Internetfreund O., der Schwede ist, brachte zum Thema i/Innen, _innen oder gar kein Innenleben noch ein paar neue Eindrücke.

O. erklärte mir, dass die schwedischen Feminist_innen gerade (bzw. schon länger) dabei sind, sämtliche weiblichen Berufsbezeichnungen abzuschaffen, weil man ja sonst auf die Idee kommen könnte, ein "Koch", der "Köchin" heißt, weil eine Frau den Kochberuf ausübt, sei etwas schlechteres als ein "herkömmlicher", grammatikalisch männlicher, "Koch".

Im Prinzip vertreten die schwedischen Feministen damit gleichzeitig die These, dass eine Frau das gleiche ist wie ein Mann, jedenfalls, wenn es um das Ausüben von Berufen geht. Ich habe gerade keine Statistik zur Hand (wo haben echte Journalistinnen die immer her?), aber man hört doch, dass im skandinavischen Raum auch viel mehr Frauen in Führungspositionen sitzen als bei uns?

Ein Aspekt daran gefällt mir besonders. Mir wird Feminismus immer genau dann zuwider, wenn irgendwelche dezidiert "weiblichen" Tugenden als besonders toll herausgestrichen werden und damit in einem Zug das Frauenbild aufgewertet werden soll - und zwar in Abgrenzung zu den Männern. Das klingt für mich immer nach: "Wir können nämlich auch was!", und solche Parolen klingen für mich - sorry - nach Kindergarten. Frauen sind aber keine Kindergartenkinder und auch sonst keine bemitleidenswerte Minderheit. Sie sind eine "Gleichheit", was die zahlenmäßige Stärke betrifft. Und es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen genausoviel leisten wie Männer und Männer genausoviel leisten können wie Frauen. Ich kenne einige Leute, die von Gleichberechtigung reden, aber es insgeheim absurd finden, wenn der/ihr Mann auf die Kinder aufpasst. Oder die schnell mit dem Spruch "Das können Frauen einfach besser" zur Hand sind, aber Zeter und Mordio schreien würden, wenn ein Mann ihnen erklären wollte, was Männer oder Frauen besser oder schlechter können. Ich glaube, dass Gleichberechtigung nur erreicht werden kann, wenn auch Männer nicht aufgrund irgendwelcher Vorurteile diskriminiert werden.

Apropos Männer in Führungspositionen. Da leitet doch ab 2009/2010 Barbara Frey, 43 Jahre alt, das Schauspielhaus Zürich. Ich habe mich wirklich (echt!) gewundert, dass die Presse auf die Idee gekommen ist, zu schreiben, dass sie die erste Frau an der Spitze dieses Theaters ist. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, das zu schreiben. Als Matthias Hartmann kam, hätte man natürlich auch schreiben können, der 23. Mann an der Spitze des Schauspielhauses. Ich glaube, dass das ständige Erwähnen der Tatsache, dass Frauen dies und jenes nicht machen oder selten machen, nicht dazu beiträgt, dass es sich ändert. Jedes "ausgerechnet sie als Frau"´manifestiert das Frauen-sind-ja-eigentlich-am-Herd-Bild.

Fazit dieses wirren Artikels: Das Problem mit der Anrede ist nicht lösbar. Gleichberechtigung heißt nicht, auf den angeblichen Vorzügen der Frauen rumzureiten oder Männer zu diskriminieren. Ungleichmachung behält das Gefälle bei. Finde ich.

3 Kommentare:

Lukas hat gesagt…

Ich habe einen Bekannten, der konsequent nur die weibliche Form für alles und jeden (auch sich selbst) benutzt.
Das schafft Verwirrung und Aufmerksamkeit und gefällt mir deswegen sehr gut.

gläserner_prinz hat gesagt…

Ich fürchte nur, wenn man das als nicht-passender Transmann macht, verwirrt das zu sehr zum eigenen Nachteil, aber klasse finde ich das auch.

Lukas hat gesagt…

Ja da stimme ich dir zu. Ich glaueb auch als passender Transmann ist das schwierig, zumindest in einem Umfeld in dem man out ist. deshalb praktiziere ich diese Sprachform auch nicht, obwohl ich gerne würde.