Es gibt ja bekanntlich Dinge, die nicht nur in den frühen Neunzigern besser waren (z. B. die Hamburger Schwulenszene), sondern auch ein paar Dinge, die auch noch davor richtig cool waren.
Zum Beispiel gab es mal einen auffallenden Feminismus, der versucht hat, die Gesellschaft darauf aufmerksam zu machen, dass wir ein Patriarchat haben. Und Frauen, die keine Lust mehr darauf hatten, das zu tun, was die Männer gern hätten.
Man wurde z. B. darauf aufmerksam, dass bestimmte traditionelle Verhaltensmaßregeln frauenfeindlich sind: Die übertriebenen Höflichkeiten von "Ladies First", "Der Herr zahlt" bis hin zu "Der Herr trägt alle Taschen, auch wenn die Dame Schwergewichtsboxerin ist.". So oft man heute wieder hört, wie nett das doch auch wäre, in den Genuß solcher Privilegien zu kommen, so klug war es, diese Dinge anzuprangern und zu ändern. Auch heute noch geraten ganz normale toughe frauenzeitschriftenlesende Frauen in Abhängigkeit, weil sie es eine zeitlang praktisch gefunden haben, dass der Mann immer den Umzugswagen fuhr und die Löcher in die Wand bohrte. "Solange man immer nen Mann findet, der einem das Fahrrad repariert, ist doch alles ok!" ist eben eine Falle, die bereits im ersten Teil des Satzes steht. Viele Frauen wissen ganz tief drinnen, dass, falls sie etwas nicht hinbekommen, es immer noch jemand anders machen kann. Das vermindert den Ehrgeiz, Dinge selbst hinzubekommen und es raubt ihnen die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und Praxis zu kriegen. Es war richtig, darauf aufmerksam zu machen und dagegen anzugehen.
Noch was gutes hatte der Feminismus. Er hat versucht, die Frau zur Bestimmerin über ihren Körper und ihre Sexualität zu machen. Dass viele Pornos Frauen auf eine passive bis Opferrolle hin inszenieren, ist nur ein Aspekt. Dass es eine Schönheitsindustrie gibt, die mit Hilfe der Medien dafür sorgt, dass sich Frauen immer mehr Sorgen um ihr Aussehen machen (die Männer werden zunehmend auch Opfer dieser Methoden, und das halte ich für keinen Fortschritt!), ist ein zweiter Aspekt. Dass es nachwievor selbstverständlich ist, dass Männer ihren nackten Oberkörper und ihre Behaarung im öffentlichen Raum zeigen dürfen und Frauen nicht, ist ein dritter Aspekt. Der weibliche Oberkörper ist angeblich erotischer als der männliche (ja klar, für Heteromänner und Lesben mag das gelten, aber was ist mit der anderen Hälfte der Bevölkerung?) und weibliche Körperbehaarung gilt bestenfalls als unsexy, schlimmstenfalls als eklig. Auch hier wird diese Tatsache in meinen Augen nicht dadurch gebessert, dass es auch Männer gibt, die unter ihrer Behaarung leiden. Der Zwang, sich sexy zu inszenieren, dessen Auswirkungen man wunderbar an nahezu allen weiblichen Prominenten beobachten kann, ist der letzte Aspekt zum Thema Selbstbestimmung, den ich erwähnen möchte. "Her sexy new album" stand neulich auf einem Werbeplakat. "Sie" selbstverständlich mit asexuell (also man sieht keine Brustwarzen oder Genitalien) fotografiertem nackten "Body" daneben.
Und dass Frauen nicht an den Herd gehören, war irgendwie vor Eva Herrmann auch schonmal bekannter.
Mir fehlt der Feminismus. Das Bewußtsein dafür, dass die für Frauen vorgesehenen Rollen eher öde sind. Dass immer noch die Männer bzw. die gesellschaftliche Macht uns vorschreibt, wie wir sein müssen, und dass wir uns durch solche Meinungen so stark beeinflussen lassen. Mir fehlt so oft das kämpferische: "Wir nehmen uns was wir wollen.". Das Selbstbewusstsein. Es stört mich maßlos, dass fast alle Frauen lange Haare und tiefe Ausschnitte haben und so viele auf Diät sind. Wo bleibt denn da der Spaß? Und es stört mich maßlos aus dem Munde intelligenter junger Männer zu hören, dass intelligente Frauen leider nicht sexy seien.
Es gibt kleine Lichtblicke.
Die Frauen aus der Lesbenband "Tribe 8" ziehen beim Konzert gelegentlich, wenn es ihnen zu warm wird, ihre Shirts aus. Dann kommt gelegentlich die Polizei, sagt "Ladies, das geht nicht." - Und dann sagen sie ihren männlichen Zuhörern und Zuschauern: "Sorry Jungs, wir müssen unsere T-Shirts wieder anziehen, dann seid doch bitte so nett, eure auch wieder anzuziehen, das ist ja sonst nicht fair." Dann ziehen all die Männer im Publikum ihre T-Shirts wieder an, und die Party geht weiter. Herrlich.
Und noch was schönes. Ich war gestern Tragenhelfen bei einem Umzug, Helfer waren: zwei schwule Transmänner (pre-Testo), eine Cis-Lesbe, ein Hetero-Cis-Mann und zwei Cis-Schwule. Ratet mal, wer den Wagen gefahren hat :-) Jep, die Frau. War das schön.
Und ich ärgere mich schwarz darüber, dass ich mich darüber so freuen muss, weil es sooo selten ist.
Da muss man doch was machen! Frauen! Bitte: wieder BHs verbrennen!
Dienstag, 3. Juli 2007
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10 Kommentare:
Prinzipiell bin ich total fürs BH verbrennen. (habe mich eben vertippt und "tital" anstatt "total" geschreiben-- ich liebe mein unterbewusstsein ;-))
neulich war ich im homosportverein, und in der lesbischen umkleide. wie üblich verhedderte ich mich in meinen sport BH.
Ich glaubte mein umfeld zu kennen und machte ich einen witz darüber, dass ich immer noch nicht gelernt habe, die dinger richtig anzuziehen, weil wir die doch immer nur verbrannt haben.
*schweigen*
mir wurden lediglich befremdete blicke entgegen gebracht-- Wer macht denn sowas? wann soll das denn gewesen sein?? es fallen einem doch die titten ab, wenn man keinen BH trägt-- etc.
tja ja, die gute alte lesben szene ist auch nicht mehr das, was sie mal war.
PS: ab einer gewissen körbchen grösse ist es tatsächlich ratsam einen BH (auf englisch so nett "BraH" genannt)zu tragen-- dies konnte ich im zarten alter von 35 feststellen, als ich begann, den kampf gegen die schwerkraft zu verlieren. scheiss patriarchat ;-)
Haben die Frauen denn nicht gleichzeitig ein Recht darauf / die Freiheit einen BH zu tragen?
Vielen ist dann ja wirklich wohler, vor allem wenn sie beim Sport nicht durch tieffliegende Geschosse eingeschränkt sind oder gar Schmerzen haben.
Manch Heteromann und Lesbe wäre es doch lieber sie trüen keinen, damit die Ein- und Durchblicke noch etwas eindeutiger werden.
Zu der Abhängigkeitsdebatte mit dem Beispiel Mörbelpacker + Fahrradreperateur:
Was ist mit den Herren, die mit 30 immernoch nicht alleine waschen können? Es fidnet sich ja imemr 'ne Frau die's macht, zu Not halt Mutti. - Die sind genauso eingeschränkt, my dear.
P.S.: Ich mag weder behaarte Männer- noch Frauenoberkörper.
P.P.S.: Kann es sein, dass es bei deinem Blog Probleme mit dem RSS / Atom-Feed gibt? Kann beide nicht kopieren / abonnieren.
Wenn ich vorschlage, man sollte sich seine Rechte wieder mehr nehmen, dann zählt dazu selbstverständlich auch das Recht, BHs und sonstwas zu tragen, wenn einem so ist. Oder abzubinden,oder sich irrsinnig sexy anzuziehen.
Die Männer, die mit 30 noch bei Mutti waschen lassen, sind keinen Deut besser. Dass ich mir auch selbständige Männer wünsche, dachte ich, wäre logisch aus meiner Forderung, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sein sollen.
PS. So what? Hab ich irgendwo behauptet,dass alle Menschen gleich sind?
PPS. Von der technischen Seite dieses Blogs habe ich keine Ahnung. Verwende selber keine RSS-Feeds, daher bin ich überfragt.
Schön, dass du sie keinen Deut besser findest. *g* Ich finde nur, dass auch einseitige Genderkritik bzw. immer wieder vorgebrachte gleiche Beispiele die Vorurteile und sexistische Sichtweise nurnoch verstärkt.
Z.B. beziehst du dich im dritten Abschnitt wieder nur auf Frauen, die armen Geschöpfe, die keinen Ehrgeiz haben weiterzukommen. Wenn ich das richtig verstanden habe betrachtest du das als symptomanisch für die Situation und schlechte Lage der/vieler Frauen überhaupt.
Dass einige Männer genauso unfähig sein können (in diesem Feld oder einem völlig anderen, wie mein Klischeebeispiel) erkennst du zwar an, wird aber in deiner Fordeurng nicht erwähnt und scheint somit kaum existent zu sein. (Oder unwichtig, solange es Männer betrifft.) Wo bleibt da die Gleichheit?
Naja, wenn ich n Post zum Thema Feminismus mache, dann schreib ich halt in erster Linie, warum es Feminismus immer noch und immer wieder braucht.
Ich bin aber der erste, der anerkennt, dass haufenweise Männer in einer genau so schlechten oder unangenehmen Lage sind, wenn es um Schubladenpresserei geht.
Siehe mein Post über Schwimmbäder (Männer stehen unter dem Generalverdacht, Vergewaltiger zu sein) und diverses anderes in diesem Blog.
Im Moment ist es aber auch so ein Trend zu glauben, dass Patriarchat sei mit der Frauenquote abgeschafft worden - und dem wollte ich mal entgegenwirken.
Das mit der Berichterstattung ist in der Tat ein ganz heikles Thema. In meinem Post "Männer und Frauen sind auch nur Menschen" gehe ich auf diese Problematik ein.
Im Moment musste ich aber tatsächlich meinem Frust Luft machen, dass so wenige Frauen Ambitionen haben, ihre Schubladen zu sprengen - und wollte Ursachen und Mechanismen zeigen, die das bewirken.
Aber danke für die Kritik, wenn auch anonym. ;-)
Nächstens wieder weniger Trennung.
Ich hab die Ausläufer des Feminismus inmeiner Kindheit mitbekommen.Mein Eindruck von damals war aggressiv und auf zumindest zum Teil Abgrenzung aus.
Was seltsam war das obwohl das Frauen-/Männerbild gesellschaftlich sehr viel mehr verfestigt war, Schwule und Randgruppen ganz aussen vor standen (und die persönliche Entfaltung im versteckten Raum stattfand), waren Jungen und Mädchen - so sie denn dem Babyalter entwachsen waren - nicht in rosa oder hellblau gekleidet. Ich habe damals kaum Mädchen gesehen die in rosa rumliefen. Auch - wenn die gesellschaftliche Erwartungshaltung an Frau/Mann sich noch nicht wesentlich gewandelt hatte.
Danach kam dann die Welle des 'Innen' an alle Wörter anhängens was einige Texte nicht nur nahezu unlesbar gemacht hat, sondern auch wieder eine Abgrenzung darstellte. Gleichzeitig damit kam dann verstärkt noch die Frauenquote auf - was wenn man es provokativ ausdrückt auch heissen könnte Frauen sind schlechter als Männer und brauchen deswegen eine Quote (und eben nicht das Frauen z.T.auch grundlos benachteiligt wurden).
Also mal kurz gefasst: Wenn immer alle sagen, wie ich zu sein habe, dann nehme ich mir eine Zeit der Abgrenzung, um herauszufinden, wer ich bin. Und wenn ich weiß, wer ich bin, lass' ich mir nicht mehr sagen, wie ich zu sein habe, sondern ich bin.
Nachtrag: Lasst uns doch lieber die String-Tangas verbrennen...
Hmm ne, also ehrlich gesagt: Ich mag meine BHs nicht verbrennen... ich trag auch gerne mal kurze Röcke und tiefe Ausschnitte. Denn selbstbestimmte Sexualität ist ja eben auch, tun können, was man will. Wenn jemand seinen BH verbrennen will - ich halte sie nicht ab! Ich tus bloß net (wahrscheinlich würden sich außerdem die meisten Männer darüber nur freuen - da sieht man da vll. was durchs Shirt oder so).
Prinzipiell geb ich dir recht, nur dass Selbstbestimmte Sexualität eben ALLES einschließt: Verweigerung, Monogamie oder wenn man mag eben auch lustig in der Gegend rumvögeln ("wie die Männer" sozusagen *gg*) ohne gleich dafür als "schlampe" zu gelten,w ährend Männer mit vielen Sexpartner ein "toller Hecht" sind (nein, ich weiß, das hast Du nict gesagt, aber das gehörte für mich jetzt noch dazu)
LG, Maeve
ohne meinen BH hätte ich tittenschmerzen, sobald ich mal etwas schneller als 4km/h gehen muss und ich stehe total auf pornos, in denen frauen zum opfer und zum objekt gemacht werden. und siehe da: sie machen das sogar freiwillig, weil sie gerne erniedrigt und gedemütigt werden. so wie ich. jedenfalls im bett. allerdings -wer hätte das gedacht, kümmere ich mich um meine karriere, schere ich mich einen sch**ß um mann/frau-begriffe und weigere mich standhaft, meine sexuelle neigung zu labeln. außer naürlich, ich werde dazu gezwungen... ;)
thanks for this tips sodomie
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